Schwalbenbrut ist verwaist – Eltern sind weggezogen

Ihre Schwalbenbrut ist verwaist?

Es ist August/September und Sie haben den Verdacht, dass die Eltern Ihrer Schwalben auf den Zug gegangen sind und ihre Brut verlassen haben?

Nein, um diese Jahreszeit ziehen die Eltern von noch bestehenden Bruten nicht weg.
Ist es bereits Mitte/Ende Oktober oder Anfang November, wäre es denkbar – dann rufen Sie bitte umgehend bei mir an – ansonsten ziehen nur die Jungvögel aus der ersten Brut und Schwalbenpaare, die keine Brut mehr haben so früh los.

Schwalben genau wie viele andere Singvögel entfernen sich bei Schlechtwetterphasen, wo es keine Nahrung zu finden gibt vom Nest und verhalten sich absolut ruhig – sie sind praktisch unsichtbar.

Das hat einen guten Grund:
Immer, wenn die Küken ihre Eltern wahrnehmen, fangen sie lautstark an zu betteln.
Dieses Betteln verbraucht sehr viel Energie.
Da nicht absehbar ist, wann es wieder Nahrung gibt, sorgen die Eltern dafür, dass die Küken absolut keine Energie verschwenden, indem sie sich nicht zeigen.
Die Küken verfallen in eine „Hungerstarre“.

Theoretisch können sie so bis zu 10 Tage überleben.
Praktisch treten aber erste Entwicklungsschäden nach ca 5-6 Tagen ein.

Außerdem können durch die verzögerte Entwicklung der Küken die Parasiten im Nest leicht die Oberhand gewinnen und saugen die Küken praktisch bei lebendigem Leibe aus, was sie weiter schwächt und nicht selten tötet.
Dagegen lässt sich vorbeugend etwas tun.

Es lässt sich kein pauschaler Rat aus der Ferne geben, was man machen soll – man muss allerdings bevor man handelt eine generelle Entscheidung treffen:

  • – entweder lässt man die Brut komplett in Ruhe und stört gar nicht, damit keine Energie verschwendet wird
  • – oder man kontrolliert auf Parasiten, behandelt diese falls vorhanden und füttert die Küken zu, bis die Eltern wieder erscheinen.

Im ersten Fall sollte man über die Entnahme und Abgabe in eine Pflegestelle spätestens nach 3-5 Tagen (abhängig von der Wettervorhersage) nachdenken, falls die Eltern bis dahin nicht wieder aufgetaucht sind

Im 2. Fall sollte eine Pflegestelle  nach ca. einer Woche in Erwägung gezogen werden.

Entscheidet man sich, eine Parasitenkontrolle durchzuführen und zuzufüttern, nimmt man einen Eimer mit Küchenpapier, klettert zum Nest hoch, holt alle Küken raus und untersucht sie am Boden genauestens auf Parasitenbefall.

Schwalbenlausfliegen sind die Killer Nr 1.
Sie sehen aus wie Stubenfliegen in platter und mit 6 Beinen.
Sie leben versteckt im Gefieder und kommen nur, wenn man das Gefieder durchsucht und sie stört zum Vorschein – verschwinden aber genau so blitzschnell wieder im Gefieder, wie sie gekommen sind.
Sie scheucht man auf und streicht sie am Besten draußen, wenn sie zum Vorschein kommen, ab, bevor sie wieder verschwinden.

Außerdem sind die Küken oft mit Milben befallen.
Diese sieht man kaum, denn sie sind klein wie ein Staubkorn.
Um sie zu behandeln, nimmt man reines 100% iges Kieselgur gegen Parasiten OHNE weitere Wirkstoffe!!! und stäubt die Küken damit bis auf die Haut rundum ein.
Nur Augen und Schnabel/Nase müssen unbedingt geschützt werden.

überdachte Unterbringung

Anschließend setzt man die Kleinen in eine Müslischale mit Küchenpapier, die man mit Handtuch oder Karton überdacht

Dann werden sie mit Heimchen aufgefüttert (bitte absolut nichts anderes außer Heimchen und frisch geklatschten Fliegen, Mücken, Schnaken, Motten)
Heimchen gibt es lebend im Zoohandel (bitte darauf achten, dass keine Toten in den Dosen sind, diese vertragen die Schwalben nicht).
Die Heimchen werden durch einfrieren abgetötet und dann portionsweise entnommen, die langen SPRUNGBEINE ENTFERNEN, mit kochendem Wasser abtauen, mit kaltem abschrecken, auf ein Küchenpapier legen, damit überschüssiges Wasser abgesaugt wird und dann mit dem Kopf zuerst verfüttern.

Die Heimchen dürfen weder stinken, noch darf der Bauch dunkel verfärbt sein – in beiden Fällen sind sie schlecht.
Der Bauch eines verfütterbaren Heimchens ist hellbeige.

Sollten die Küken in ihrem überdachten Nest nicht betteln, kann man ihnen zusätzlich das Bettelgeschrei der Schwalbenart von Youtube abspielen.
(Rauchschwalben haben eine braune Kehle und nisten in Gebäuden, Mehlschwalben haben eine weisse Kehle und nisten außen an Gebäuden unter Dachüberständen).

Nachdem die Küken gefüttert wurden, können sie

  • – wenn sie keine Parasiten hatten, in ihr altes Nest zurück gesetzt werden (dieses vorsorglich auch noch mal mit Kieselgur einstäuben)
  • – wenn sie Parasiten hatten, in einem Ersatznest, was man in Rufweite des alten Nestes aber mit grösserem Abstand (damit die Parasiten nicht gleich überwandern) unter der Decke anbringen und die Kleinen dort hineinsetzen.

Dieses Procedere habe ich auch hier noch mal genau erklärt:
https://www.wildvogel-rettung.de/kuekenrueckgabe-an-die-el…/

Bis die Eltern wieder auftauchen, füttern Sie die Küken von der Leiter aus 2-3 x täglich mit Heimchen zu (Morgens, (Mittags) Abends) – mehr nicht.

Bitte geben Sie den Küken KEIN extra Wasser ein.
Ihr Flüssigkeitsbedarf ist über die Futtertiere vollständig gedeckt.

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