Im Moment fallen deutschlandweit wieder zahllose frisch geschlüpfte, splitternackte Spatzenküken unter den Dächern raus und landen lebend oder tot in Dachrinnen oder auf dem Fußboden.
(Wenn Sie gerade eines gefunden haben, bitte Küken aufnehmen, in der hohlen Hand wärmen undhier weiter lesen)
Die Ursache ist einfach: Von Natur aus brüteten unsere kulturfolgenden Spatzen als Kolonie- und Nischenbrüter in Löchern und Nischen unserer Gebäude.
Die moderne Sanierung sorgt zunehmend dafür, dass es solche Löcher und Nischen (Brandwände, Attika, Lüftingsschlitze etc.pp) nicht mehr gibt.
Die Spatzen weichen aus, indem sie versuchen, direkt in Hohlräume unter den Dachziegeln zu gelangen. Mit etwas Nistmaterial bekommen sie diese meist so ausgestopft, dass die EIer sich auf der schrägen Fläche während der Brut noch gerade eben halten.
Aber sowie die Küken schlüpfen und es „unruhig“ wird, gibt der Halt nach und die Küken kullern von der schrägen Auflage der Dachziegel direkt nach unten.
Ganz abgesehen von diesem Problem wird es bei Sonne häufig viel zu heiss direkt unter den Ziegeln, was die Küken, die die ersten Tage auf dem abschüssigen Bereich überleben, spätesteens, wenn sie „gegrillt“ werden, veranlasst, abzuspringen.
Man kann den Spatzen helfen, indem man am Gebäude Spatzennistkästen anbringt.
Möglichst viele, denn Spatzen sind als Kolonievögel niemals allein auf Brutplatzsuche.
Wer in seine Suchmaschine die zwei Worte „Spatzen“ und „Nistkasten“ eingibt und dann auf „Bilder“ klickt, erhält eine riesige AUswahl an Anregungen, wie Kolonienistkästen für Spatzen aussehen können.
Solche Nisthilfen retten zahllosen, kerngesunden Küken das Leben!
Eine Handvoll frisch geschlüpfter, noch völlig nackter Rauschwalbenküken, deren Nest direkt nach dem Schlupf von der Decke gebrochen war, hat mich vor einigen Jahren zur Wildvogelhilfe geführt. Damals hatte ich massive Probleme, irgendwo Infos zu finden, wie man Schwalben richtig aufzieht. Einzig, dass Schwalben schwierig aufzuziehen sind und der Versuch häufig scheitert, habe ich öfter gelesen und gehört. Also habe ich mich bei der Aufzucht an dem orientiert, was ich bei den wilden Schwalben täglich beobachten konnte.
Später konnte ich mir dann auch erklären, warum so viele Aufzuchtversuche fehl schlagen. Ebenfalls viel später wusste ich, dass ich die kleinen Küken damals problemlos den Eltern zur weiteren Aufzucht hätte zurück geben können, wenn mir da nur jemand rechtzeitig gesagt hätte, dass es geht und wie.
Aus diesen Erfahrungen heraus habe ich meine Erfahrungen zunehmend öffentlich gemacht, was dazu führte, dass nicht nur viele Schwalben, sondern auch unzählige andere Singvogelarten ihren Weg zu mir fanden. Noch viel mehr kleine Vögel in Not aber haben aufgrund von Beratungsgesprächen, die ich mit aufmerksamen Findern führen konnte, erfolgreich den Weg zu ihren Eltern zurück gefunden. Schwalbennestlinge, die scheinbar aus dem Nest „gefallen“ sind, begegnen uns am häufigsten. Dies liegt sicher auch daran, dass Schwalben in den oder direkt an den Gebäuden nisten und wir darum ein aus dem Nest „gefallenes“ Küken oft schneller finden, als Katzen und Co. und es auch vermeintlich sicher dem darüber hängenden Nest zuordnen können. Generell ist es aber so, dass das nachfolgend Gesagte für viele heimische Singvogelarten gilt und sehr häufig funktioniert. Einen Versuch ist es allemal wert.
In der Regel „fällt“ ein Küken nicht einfach so grundlos aus dem Nest!
Aus diesem Grunde sollte man bitte NIEMALS ein Küken einfach so zurück setzen – im Zweifelsfall stürzt es so oft raus, bis es sich beim Sturz ernsthaft verletzt.
Und bitte NIEMALS ein Küken in ein fremdes, ein sogenanntes Ammennest setzen. (warum, lesen Sie im nächsten Kapitel)
Die häufigsten Gründe, warum wir ein Küken am Boden unter dem Nest finden, sind:
Nest bricht runter
Küken flüchten aus Nest und fallen runter
Küken wird aus dem Nest geworfen
Küken wird von einem Räuber geklaut und beim Abtransport verloren
Da in allen Fällen der Sturz zu zusätzlichen Verletzungen führen kann, kann man da vorbeugen: Um den Sturz im Falle eines Falles etwas abzumildern, kann man für die Dauer der Brut etwas weich Gepolstertes unter dem Nest platzieren (z.B. eine Heukiste o.ä.) Außerdem gilt ganz speziell für Schwalben: damit ein Kunstnest angenommen wird, ist es zwingend notwendig, dass es hoch unter der Decke befestigt wird. Die Elterntiere werden ihre Kinder nicht weiter füttern, wenn sich das Nest tiefer, etwa abgestellt auf einer Leiter oder irgendwo auf Kopfhöhe an die Wand geschraubt, befindet.
Zu 1 – Nest ist heruntergebrochen
Bringen Sie die abgestürzten Küken erstmal ins Haus und nehmen Sie die Erstversorgungvor. Bitte untersuchen Sie die Kleinen genau auf Parasiten. Oft war die eigentliche Ursache des Nestabbruchs eine rasende Unruhe der Küken, weil sie von Parasiten geplagt wurden. Wenn Sie Parasiten finden, müssen die Küken zunächst von den Plagegeistern befreitwerden.
Dann bringen Sie in der Nähe des alten Nistplatz ein mit Heuhäcksel oder Strohhäcksel (Zoohandel, Bauer) ausgepolstertes Kunstnest an und setzen die gut gefütterten Küken wieder hinein. Danach entfernen Sie sich etwas und beobachten das Nest. In der Regel beginnen die Küken bald zu betteln und die Eltern versorgen sie relativ zügig normal weiter – auch im neuen Nest. Ich habe drei Küken schon mal nach fast 30 Stunden noch erfolgreich zurück geben können. Das ist aber sicherlich nicht die Regel. Je schneller die Küken wieder im Nest sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Versuch klappt.
Zu 2 – Küken flüchten aus dem Nest und fallen runter: Als erstes sammeln Sie das/die Küken ein und setzen sie wie unter Erstversorgungbeschrieben in eine mit Küchenpapier ausgepolsterte Müslischale o.ä. Dann sollten Sie die Ursache für die Flucht des Kükens aus dem Nest ergründen: Meistens sind Parasiten (Blutsauger) die Übeltäter. Es hat im Fall von Parasiten wenig Sinn, das Küken so wieder in sein Nest zu setzen, weil das komplette Nest verseucht sein wird. Mit anderen Worten: es wird auch die anderen noch lebenden Küken im Nest betreffen.
Zunächst sollte also dieses Küken von den Parasiten befreitwerden. Dann beschaffen Sie sich zügig ein Kunstnest. Das gibt es oft in Futterhäusern oder Gartencentren und wenn Sie dort nichts bekommen, improvisieren Sie mit einer halben Kokosnuss oder etwas anderem, was der Form, Tiefe und Größe des ursprünglichen Nestes entspricht. Das Nest wird mit Heu- oder Strohhäckseln (Zoohandel, Bauer) als Polster bestückt und einige Meter entfernt vom ursprünglichen Nest angebracht. Wenn Sie Kieselgur, z.B. InsectoSec vorrätig haben, stäuben Sie das Kunstnest samt Einstreu gut ein und bedecken Sie den Nestboden unter der Einstreu damit. Das abgestürzte Küken setzen Sie, nachdem SIe ihm einige Fliegen gefüttert haben und es wieder kräftig bettelt, in das neue Nest. Dann klettern Sie mit einem mit Küchenpapier ausgepolsterten Eimer bewaffnet zum alten Nest hoch, holen die restlichen Küken raus und behandeln diese ebenfalls alle nacheinander (möglichst draußen) gegen die Parasiten, bevor Sie sie ebenfalls in das neue Kunstnest setzen. Schließlich klettern Sie mit dem Eimer noch mal zum alten Nest hoch und sammeln sämtliches loses (parasitenverseuchtes) Nistmaterial direkt in den Eimer, den Sie gleich mit einem Deckel verschließen. Das Nest selbst bestäuben Sie dick mit Kieselgur von innen und außen. Ebenso seine unmittelbare Umgebung. Das verseuchte Nistmaterial entsorgen Sie am besten mit dem verschlossenen Eimer im Hausmüll. Nun müssen Sie nur noch das neue Nest beobachten, bis die Eltern es anfliegen. Wenn das geschieht, ist alles okay und Sie haben die kleine Familie erfolgreich gerettet.
Da das Bundesnaturschutzgesetz § 44 die Störung der Brut oder die Manipulation oder Entfernung der Nester zum Schutz unserer Wildvögel verbietet, sind Sie immer auf der sicheren Seite, wenn Sie sich das Einverständnis Ihrer zuständigen Unteren Naturschutzbehörde einholen.
Zu 3 – Küken wurde aus dem Nest geworfen Ursache hier ist meistens eine Erkrankung – häufig eine Vergiftung (z.B. wurden mit Pestiziden oder Insektiziden verseuchte Insekten verfüttert) Das Zurücksetzen eines Kükens, welches von den Eltern raus geworfen wurde, funktioniert nicht. Die Eltern würden das Küken zum Schutz der restlichen Brut wieder raus werfen.
Oft sind verfärbte Schleimhäute oder verfärbte Schnabelwülste Hinweis darauf, dass das Tier vergiftet oder krank ist. (im Zweifelsfall vergleichen SIe die Schnabelwülste der im Nest befindlichen Küken mit dem, was Sie am Boden gefunden haben). Sammeln Sie das Küken ein und nehmen Sie eine Erstversorgung vor. Liegt ein Vergiftungsverdacht vor, also sind die Schleimhäute verfärbt, sollten Sie zwei bis drei Futtertiere dick in Kohlekompretten baden. Wenn das Küken freiwillig frisst und anfängt zu betteln, dann können Sie ein zweites Nest in Rufnähe neben dem anderen Nest anbringen und das Küken tagsüber (z.B. mittels Leiter) in dem Nest versorgen. Falls Sie Glück haben, fangen die Eltern sogar an, das Küken dort wieder mit zu füttern. Sobald sie das tun, können Sie das Küken sofort wieder zurück setzen zu seinen Geschwistern. Ansonsten müssen Sie sich erst vergewissern, dass die Schnabelränder und die Schleimhäute des Kükens wieder die normale Farbe angenommen haben, bevor sie das Küken zu den Geschwistern zurück setzen.
Soweit also zur Rückgabe von Vogelküken an die Eltern. Natürlich müssen Sie in jedem Fall das betreffende Nest so lange beobachten, bis Sie sicher sind, dass die Eltern ihre Kinder wieder angenommen haben. Wenn das nicht klappt, kommen Sie um eine Handaufzucht nicht herum.
Speziell zu Schwalbenestern gibt es jetzt noch Folgendes zu sagen:
Häufig sieht man besonders an Rauchschwalbennestern in Gebäuden Langhaare von Pferden, Angelsehnen und ähnliches als lange Fäden vom Nest runter hängen. Die Eltern haben diese ungeeigneten Materialien irgendwo gefunden und im Nest mit verbaut. Diese Fäden können bei den jungen Küken später zur Todesfalle werden. Nicht selten gelangt beim Füttern der Küken das Ende von so einem Faden in den Kükenschnabel und wird abgeschluckt. Da Langhaare von Pferden und Angelsehnen ziemlich reißfest sind, werden die betreffenden Küken den Fremdkörper nicht mehr los und ersticken elendlich daran. Wenn sie irgendwann verstorben sind, hängen die kleinen Körper wie aufgehängt an diesen Fäden unter dem Nest. In einem Beratungsgespräch hatte ich sogar mal den Fall, dass ein Mehlschwalben-Elternteil sich in so einer Angelsehne verheddert hatte und im Eingang des Nestes elendlich verendet ist. Nun saßen die Küken in der Falle, denn auch das andere Elternteil kam durch den verstopften Eingang nicht mehr ins Nest zum Füttern. Leider waren die Küken, als die Sache entdeckt und das Nest abgenommen wurde, bereits verhungert. Sie können dem Vorbeugen, indem Sie Nester schon vor dem Kükenschlupf durch Abschneiden der Fäden von diesen befreien.
Zu 4 – Küken wurde von einem Räuber aus dem Nest verschleppt: In diesem Fall werden Sie a) meist das Nest nicht finden und b) hat das Küken häufig Hautverletzungen vornehmlich am Rücken.
Hier ist eine Rückgabe normalerweise nicht möglich.
Bitte verfahren Sie wie in Erstversorgungbeschrieben weiter.
Verletzt: aufnehmen > in ein kleines, ausgepolstertes, dunkles Behältnis setzen > zum Tierarzt fahren
Unverletzt und voll befiedert: ggf. an einen sicheren Ort in der Nähe umsetzen > auf großen Abstand gehen > länger beobachten, ob es ein Ästling ist, also Eltern in der Nähe sind, die zum füttern kommen > Wenn ja: ist alles in Ordnung > nicht weiter stören. Wenn nein: > Küken aufnehmen > mit nach Hause nehmen > in kleinen, ausgepolsterten Karton setzen und mit Tuch abdecken > Erstversorgungdurchlesen und durchführen Achtung Ausnahme:Schwalben und Mauersegler sind am Boden immer hilfsbedürftig – auch, wenn sie voll befiedert sind – auf jeden Fall wie „Unverletzt und unbefiedert“ verfahren
Unverletzt und kaum- oder unbefiedert:Küken sofort aufnehmen > wärmen (z.B. hohle Hand) > Auffindeort merken > mit nach Hause nehmen > in eine gut ausgepolsterte Müslischale o.ä. setzen > warm halten (mind. 20 Grad – max. 38 Grad je nach Befiederung > nur komplett frisch geschlüpfte Küken, die splitternackt sind bei max. 38 Grad mit hoher Luftfeuchtigkeit ) > Erstversorgung, Kükenrückgabe und Parasitendurchlesen und so wie nötig durchführen.