Frühzeitige Problemerkennung bei Wildvögeln
Die frühzeitige Problemerkennung geht meist am Besten durch Beobachtung des Fressverhaltens und des Kots.
Nachdem die ersten Stunden oder die ersten ein bis zwei Tage vergangen sind, wird sich die Pflege Ihres Findlings sehr vereinfachen. Die Parasiten müssten Sie eigentlich mittlerweile besiegt haben, so dass sie keine Probleme mehr verursachen. Da Ihr Zögling sicher auch schon aus der Müslischale in sein endgültiges Aufzuchtnest umgezogen ist, gibt es nun auch keine Küchenpapierwechsel mehr. Gefiederpflege ist normalerweise nicht erforderlich – Sie haben also außer Füttern und Kot kontrollieren nichts mehr zu tun.
Die meisten Singvögel halten ihr Nest sehr sauber. Und damit das so ist, müssen auch schon die kleinsten Küken ran. Solange sie noch nicht in der Lage sind, ihren Hintern zum Koten über die Nestkante zu hängen, solange verpacken die Küken ihren Kot in eine gallertartige Hülle, die von den Vogeleltern mit dem Schnabel nach Ablieferung des Futters wie eine Mülltüte gefasst und mit aus dem Nest genommen werden kann. Meist fliegen die Eltern noch ein Stück vom Nest weg, bevor sie den Müllbeutel fallen lassen. Meine wilden Schwalben z.B. tragen die Mülltüten aus dem Nest sogar durch die gesamte Diele bis vor die Tür, bevor sie sich ihrer Last entledigen.
Für uns ist das in zweifacher Hinsicht eine praktische Sache:
- wir können an der Konsistenz und Zusammensetzung der Ausscheidung und vor allem an der Qualität des „Müllbeutels“ sofort erkennen, ob unsere Fütterung funktioniert und ob es unserem Zögling gut geht
- wir können wie die Vogeleltern mit ihrem Schnabel, mit unserer Pinzette nach jeder Fütterung direkt den neuesten Müllbeutel einsammeln und aus dem Nest heben, so dass dieses nie verschmutzt
Anders, als bei Säugetieren werden beim Vogel Kot und Urin nicht getrennt ausgeschieden. Die Ausscheidungen sind eine Kombination aus beidem. Das Weiße entspricht quasi dem Urin und das Dunkle dem Kot. Das Ganze ist von einer durchsichtigen, zähen, gallertartigen Hülle ummantelt, die sich, wenn sie in Ordnung ist, mit der Pinzette greifen lässt, ohne zu zerreißen. Ist die Hülle nicht intakt vorhanden, zerreißt beim Greifen, so dass der Kot ins Nest zurück fällt oder ist die ganze Geschichte ein viel zu flüssiges Mischmasch, dann stimmt mit der Verdauung Ihres Vogels etwas nicht oder Ihr Vogel nimmt zu viel Flüssigkeit auf.
Zunächst sollte man bei der nächsten Fütterung also schauen, ob es bereits ausreicht, die Futtertiere aus dem Wasserglas vor dem Verfüttern ein mal kurz auf einem Stück Küchenpapier abzulegen, so dass überschüssige Flüssigkeit aufgesaugt wird.
Umgekehrt können zu feste, trockene Kotballen und solche, die sehr wenig weißen Anteil haben, denen zudem die Gallerthülle dann auch vielleicht noch fehlt, die aber trotzdem greifbar sind, darauf hinweisen, dass die Futtertiere zu trocken sind. In dem Fall probieren Sie, die Tiere ohne vorherigen Kontakt mit dem Küchenpapier direkt aus dem Wasser zu verabreichen.
In den ersten ein bis zwei Tagen nach dem Fund des kleinen Zöglings ist zu erwarten, dass die Ausscheidungen noch nicht in Ordnung sind. Dann sollte sich die Verdauung aber normalisiert haben und wie hier
beschrieben funktionieren. Wenn das nicht der Fall ist und sich auch durch eine Änderung des Feuchtigkeitsgehaltes der Futtertiere innerhalb von maximal 4 Fütterungen (2 Stunden) nichts ändert, dann hat Ihr Zögling ein anderes Problem: Neben einer unpassenden Fütterung (vielleicht sind Futtertiere dabei, die diese Vogelart nicht ab kann?) kann Ihr Vogel auch eine Vergiftung oder eine infektionsbedingte Verdauungsstörung haben oder er leidet unter Darmparasiten. Die Ursachen können da vielfältig sein und man muss ihnen sehr zügig auf den Grund gehen, da viele Ursachen sehr schnell zum Tod führen können, wenn nicht gehandelt wird. In den Kapiteln „Tierarztsuche“ und „was kann ich machen wenn“ finden Sie vielleicht einige Anregungen und Hinweise.
Diese oben beschriebenen Anzeichen können Ihnen allerdings nur in der ersten Zeit eines Kükenlebens Auskunft geben. Bei vielen Vogelarten (z.B. Schwalben) wird der Kot nur so lange in Gallert verpackt, solange die Küken eben nicht selbst über die Nestkante koten. Sowie sie eigenständig ihren Kot nach draußen befördern können, indem sie das Hinterteil über die Nestkante hängen, gibt es die Hülle nicht mehr und manchmal fallen die Kotballen mit einem ziemlichen Klatscher zu Boden.
Wenn es soweit ist, können Sie an einzelnen Kotflecken eher nicht mehr erkennen, ob etwas nicht stimmt. Erst wenn sich über einen Zeitraum von mehreren Fütterungen die Optik und die Konsistenz gravierend in eine Richtung verändert hat, kann das ein Hinweis darauf sein, dass etwas nicht stimmt.
Es ist also jetzt wichtiger zu kontrollieren, ob der Kotabsatz regelmäßig und passend im Verhältnis zur verabreichten Futtermenge stattfindet, der Kot nicht mehrmals hintereinander nur weiss oder nur dunkel ist und gleichzeitig der Appetit des Vogels gleichbleibend gut ist. Je nach Vogelart kann man damit rechnen das nach jeder oder jeder zweiten Fütterung, allerspätestens aber nach jeder 3. Fütterung Kot abgesetzt wird. Sie werden schon nach wenigen Tagen ein genaues Gefühl dafür entwickelt haben, in welchem Rhythmus Ihr Zögling normalerweise frisst und kotet – also wie schnell das, was Sie vorne reinfüttern hinten wieder raus kommt.
Wenn Ihr Zögling, obwohl die letzte Fütterung schon eine Weile her ist, bei der Fütterung nicht wie gewohnt lautstark bettelt oder das Futter nur zögerlich oder sogar gar nicht nehmen will, dann ist dies ein sehr deutliches Alarmzeichen, das sofortiges, schnelles Handeln erfordert.
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